Eine kurze Vorweihnachtskritik
Genau so sehen große Teile von Downtown aus. Gläserne Türme mit 30 bis 40 Stockwerken. Von dort oben hat man zweifelsohne eine tolle Aussicht. Leider bleibt sie nur den besonders Reichen vorbehalten. Die lokalen Zeitungen sind übersäht mit Werbung für Luxus-Suites und Appartements in diesen Türmen. Die Anzeigen versprechen Dinge wie “This corner will be impossible to ignore.” Und dann wird es doch nur ein weiterer langweiliger Glasturm. Die Preise sind freilich absurd. Und doch kommt es nicht selten vor, dass alle Wohnungen bereits verkauft sind, bevor es auf der Baustelle losgeht. Und schon wird der nächste Turm geplant. Oft sind die Käufer nicht einmal Menschen, die in Vancouver leben, sondern reiche Asiaten, die nach einem guten Immobilieninvestment suchen.
Zugegeben, es ist ein besonderes Erlebnis durch die Straßenschluchten zu laufen. Ich selbst staune immer noch darüber, wie vertikal so ein Ort sein kann. Ich schreibe deshalb so unfreundlich über die gläsernen Türme, weil ich wirklich nicht überzeugt bin, dass Stadt so sein sollte. Tatsächlich ist nicht besonders viel städtisches an ihnen. Am Fuße der Türme finden sich meistens penibel gepflegte, aber sterile und leblose Außenanlagen. Der Luxus scheint jeden Anflug von Stadt-Atmosphäre abzutöten. Niemand hält sich hier auf. Die einzige Bewegung ist der stetige Fluss von Autos, hinein und heraus aus der hauseigenen Tiefgarage.
Im Glasturm-Stil Stadt zu produzieren, macht die Metropole höchst unfair. Ich habe den Eindruck, diese Art der Stadtproduktion, gefährdet das Großartige an Vancouver: Menschen, die von ganz verschiedenen Orten stammen und dennoch eine so erstaunlich friedliche und freundliche Kultur des Zusammenlebens pflegen. Die Glastürme sind eine der Ursachen, warum es für die unteren 90% der Gesellschaft so verflixt schwer ist, in Vancouver eine bezahlbare Wohnung zu finden. Fragt man im Alltag die ganz normalen Leute danach, wo sie wohnen, antworten sie meistens das gleiche: “Ganz weit draußen.” Stundenlanges Pendeln in überforderten Bahnen oder auf überfüllten Straßen scheint von vielen nicht mehr in Frage gestellt zu werden. Dabei müsste es nicht unbedingt so sein. Ich denke, Vancouver könnte das besser hinbekommen.